Geschichte zur Entwicklung
der Druckerei Friesen
Vorgeschichte und Entstehung
I. Zweck und Ziel war die Veröffentlichung Schriften spezieller Angelegenheiten
Ein weiterer kultureller Durchschlag in der Kulturrevolution der Mennobürger, der in Ebenfeld zum Zuge kam, war die Eröffnung einer Gemeinde-Druckerei, die in allen Aufbau-Ansätzen schon mehrfach ihren Hoffnungsschimmer verloren hatte. Eine Presse stand schon seit 1948 auf dem Hof der Kooperative, doch keiner verstand es, damit zu arbeiten. Die Presse verrostete und verrottete.
Jedermann hatte wohl damit aufgegeben, nur der Älteste Martin C. Friesen suchte immer noch nach einer Lösung für das Problem. Denn seine Gemeinde brauchte so sehr mehr Lesestoff, und zwar möglichst hier hergestelltes Material, damit man Schulen und Gemeinde Lesestoff vorlegen könne, das nicht schon irgend Material enthielt, welches die Gegner nur noch mehr Schlagkraft in die Hände gab, um die Schulreform niederzuschlagen.
Schließlich war der Gemeinderat anfangs 1950er so weit, dass sie Martin W. Friesen mit der Druckerei beauftragten, daraus etwas zu machen. Er sollte es unter ihrer Übersicht tun (obwohl sie keinen Schimmer von Aufbau und Führung einer Druckerei hatten.) Wie Friesen es wagte, unter solchen Bedingungen etwas zu versuchen, ist mir heute noch ein Rätsel. Es muss der Älteste gewesen sein, der ihm alle mögliche Hilfe versprach und ihn darin unermüdlich mit allem unterstützte, das ihm zur Verfügung stand.
Nun gehörte auch diese Angelegenheit zum Einsatz der Ebenfelder Bürger als Beitrag zur Kulturrevolution. Gemeindeältester Friesen und mehrere der Dorfbewohner legten gezielt Hand ans Werk, und in einen toten Knochen konnte Odem hineingeblasen werden. Martin W. Friesen und sein Sohn arbeiteten sich mit «Selbsttalenten» in ungeahnte Druckereiwälder hinein, und die schriftstellerische Arbeit als wichtiger Drucker-Beitrag zur Entwicklung der Menno-Kultur fand hier ihre Wiege, und später auch ihre Selbständigkeit.
Im Jahre 1948 wurde eine gebrauchte Druckerpresse (Typograph) aus Ohio, USA, zur Kolonie Menno herübergebracht. Herr Jacob A. Braun, der viele Jahre der Kolonie als Leiter und Geschäftsführer vorgestanden hatte, erwirkte den Import. Bezahlt wurde die Presse von D.W.Friesen & Sons, Altona, Man., Kanada.
Nach ihrer Ankunft wurde die Presse von der Kolonieverwaltung an Ält. Martin C. Friesen abgegeben. Von der Gemeindeleitung aus sollte man sich darum bemühen, daß die Presse in Funktion gesetzt werde.
Ungefähr zwei Jahre stand sie dann unberührt auf dem Hofe der Kooperative, weil keine geeignete Person gefunden werden konnte, die etwas aus der Druckersache machen würde. Leute mit Druckerkenntnisse waren einfach nicht vorhanden.
Danach entschieden Kolonie- und Gemeindevorstand sich, im Dorf Ebenfeld auf dem Hof von Martin W. Friesen ein Häuschen zu errichten. Aus Lehmziegeln und Schilfdach, mit Lehmböden unten und oben, bestand das Häuschen aus einer einzigen Stube.
Da Herr Martin W. Friesen, in Unterstützung seines Vaters Martin C. Friesen, Hauptpromotor in Verbesserung des ganzen Schulwesens in Menno war, hatten die Leiter der Kolonie und Gemeinde das Vertrauen in ihm, dass er auch hieraus etwas machen würde.
Um auch nur im kleinen Masse eine Druckerarbeit verrichten zu können, fehlte aber noch so manches, und Finanzen dazu gab es nicht. Ält. Friesen nahm darüber in persönlicher Verantwortung Kontakt auf mit einigen Gemeinden in Kanada. Etliche Gemeinden spendeten als Reaktion darauf 720 Dollar. Einiges Notwendigste für den Anfang konnte damit angeschafft werden. So fing Martin W. Friesen neben seinen anderen vollbeschäftigten Arbeiten in dem Schulwesen auch noch diese Arbeit an.
In den darauffolgenden Jahren ist diese primitive Druckerei schon viel benutzt worden. Von Anfangs der fünfziger Jahre liegt ein Brief von Martin W. Friesen vor, an seinen Onkel in Kanada geschrieben, um etwas Geld zu borgen, um die Druckerei aufzubauen:
„ ... In der Gemeinde ist zum Teil auch großes Interesse zur Förderung schriftstellerischen Unternehmens, so wie auch zur Hebung des Unterrichtswesens im Gebiet der Schulen und der Jugendarbeit.
Andererseits aber sind ja auch viele Schwierigkeiten da, hervorgerufen von solchen, die einen lieber gehen als kommen sehen. Das ist nun nicht unsere Sache - unsere Aufgabe ist es, alles zu prüfen, und das Gute zu behalten.
Für die Druckerarbeit haben Wohlmeinende mir schon einen Mimeograph und eine Schreibmaschine auf ihre Kosten zur Verfügung geltellt. Auch wird damit gearbeitet, eine Druckerei anzuschaffen. Das muss aber erst funktionieren, bevor man etwas verdienen kann. Nun kam mir in diesen Tagen die Idee, mit Ihnen als Onkel mal über einen eventuellen Kredit zu sprechen, der für den Ausbau solcher Druckerei angewendet werden soll.“
Diese Anfrage wird aber abgeblasen, da andere (Gegner der Fortschrittlichgesinnten) von der Anfrage nach Geldleihe erfahren hatten, und dort für die Absage gesorgt hatten.
Dann etwa einen Monat später nimmt Friesen Kontakt mit DWFriesen in Altona auf:
„ ... Deutsches Schulmaterial und verschiedene Schriften (Kommentare) für die Gemeinde ist hier sehr knapp, deshalb möchten wir uns eine Druckerei einrichten. Wir möchten, wenn auch vorläufig im kleineren Maßstabe, selber mehr unsern Bedarf an Schulmaterial decken, es überhaupt intensiver gestalten.“
Wie die Sache der Druckerei nun weiter gehandhabt wurde, ist nicht mehr erkennbar, aber bezahlt wurde die Druckerpresse zu seiner Zeit von D.W.Friesen & Sons., einer Druckerei aus Altona, Manitoba.
Das war die Geburt und die Wiege der Gemeindedruckerei, von der der Älteste so viel geträumt hatte, und die er für unumgänglich in der Kulturreform seiner Gemeinschaft hielt. Auch in diesem Betrieb haben die Ebenfelder volle moralische Unterstützung gegeben. Sie ließen sich auch als Arbeiter im Aufbau anheuern, wenn sie gefragt waren.
Als der Gemeindevorstand sah, dass aus diesem Vorhaben wirklich etwas gemacht wurde, übergab der diese Presse samt Haus im Jahr 1965 öffentlich an Martin W. Friesen unter der Bedingung, dass er sie (die Druckerei) als sein Eigentum übernehme, damit Gemeinde und Kolonie diene, dass sie nicht auswärtig verkauft werde, und wenn sie in der Kolonie in andere Hände gegeben werden sollte, dann hat Friesen das Recht, eine bestimmte Summe Geld dafür zu fordern. Diese Forderung schließt die 720 Dollar und andere eigengeleistete Verbesserungen mit ein.
Martin W. Friesen nahm seinen ältesten Sohn Martin als Miteigentümer der Druckerei auf. Zu zweit eigneten sie nun die Druckereieinrichtung, wogegen die anderen beiden Söhne, Jacob und Isbrand, höhere Schulen besuchen durften. Martin ward es nie vergönnt, höhere Schulen zu besuchen. Er musste seinen Teil in der Druckerei arbeiten, um mitzuhelfen die Familie zu ernähren.
Nachdem Isbrand sein Studium beendet hatte, kaufte er anfangs der 1970er Jahre den Teil des Eigentumsrechts auf, das seinem Vater Martin W. Friesen gehörte. So waren nun die Brüder Martin T. Friesen und Isbrand T. Friesen die Eigentümer der Druckerei.
Die Setzerdruckerei leistete manche Jahre ihre knappen Dienste, aber nach Jahr und Tag wurde sie zu aufwenderisch, zu kostspielig, zu langsam, und wies eine mangelnde Qualität auf.
Dann kam die Zeit, dass auch diese Druckermethode veraltete. Sollte sie noch länger Kolonie und Gemeinden zu Diensten stehen, so musste etwas moderneres angeschafft werden. Das war aber schwierig, da kaum ein Gewinn aus der Druckerarbeit zu erzielen ging. So mussten die Brüder der Druckerei Finanzspritzen aus dem zum Unterhalt ihrer Familien notwendigen Kapital geben.
II. Weitere Entwicklung - Ausbau
1983 wurde dann mit Unterstützung der Kooperative eine große, Einfarben-Druckerpresse (Offsetmaschine) von Sao Paulo, Brasilien, gekauft und in Ebenfeld installiert. Mit dieser Presse konnte dann bis 1988 erheblich bessere Qualität und schnellere Arbeit geleistet werden. Inzwischen waren auch ein kleines, mit Hand betriebenes Schneidemesser für Papier und drei kleine Vervielfältigungsmaschinen, zwei mit Hand angetrieben und eine elektrisch angetrieben, erworben worden. Damit konnten nun leichter, schneller und billiger die Kleinigkeiten erledigt werden.
Die Apparate zur Druckplattenherstellung für die große Offsetmaschine waren für die Inhaber noch unerschwinglich. Diese Angelegenheit musste immer nach Asunción (450 km von Ebenfeld entfernt) geschickt werden, welches manchmal einen Monat Zeit in Anspruch nahm, bis man sie in Druck nehmen konnte. Zudem war die Druckplattenherstellung so teuer, dass diese ganze Druckerarbeit sich kaum bezahlte, geschweige noch von Gewinn zu sprechen. Die große Offsetmaschine musste folglich einfach stillgelegt werden.
Stattdessen konnte eine kleine Offsetmaschine mit Papierplatten in Betrieb genommen werden, und für mehrere Jahre deckte sie den größten Bedarf ab. Die Platten zu dieser Maschine wurden mit einem Fotokopierer in der eigenen Druckerei hergestellt.
Die Muster (Layouts) wurden größtenteils mit der Hand gemacht. Mit einer elektrischen Schreibmaschine schrieb man die Texte, ansonsten bedienten die „Künstler“ sich der Schere, Lineal und Leim. 1988 wurde die erwähnte „große Offsetmaschine“ gegen eine kleinere verhandelt. Zusätzlich war auch das gesamte Zubehör zur Druckplattenherstellung mit dabei. So konnten die Druckplatten im eigenen Haus anfertigt werden, welches den Arbeitsprozeß sehr beschleunigte. Auch ein größeres, neues Schneidemesser wurde in Argentinien gekauft.
Im Jahre 1990, auf einer Einkaufsfahrt in Asunción, entdeckte Isbrand Friesen einen Macintosh Computer. Nach der Demonstration des Verkäufers entschloss er sich sofort, den zu kaufen. Später wurde dieser zum Verstand der Druckerei. Auch ein Laserdrucker, ein Scanner, und eine weitere Einfarb-Offsetdruckmaschine mit Nummerierwerk konnten erworben werden.
Die Druckerei hatte sich nun inzwischen schon enorm verbessert, war aber immer noch lange nicht eine Berufsangelegenheit, von der man leben konnte. Nebenbei mussten die Eigentümer noch die Wirtschaft mit Melkstall, Fenz mit Vieh und dergleichen in Betrieb halten, um für ihre Familien zu sorgen; damit verdiente man mehr Geld als mit der Druckerei selbst. So kam es dann immer wieder zu „stillen“ Zeiten im Druckereibetrieb, aber nie ganz zum Stillstand.
Die Kolonie entwickelte sich immer mehr nach allen Richtungen hin, und auch das Zentrum Loma Plata machte seiner Bestimmung als Geschäfts- und Industriezentrum der Kolonie Menno immer mehr Ehre. Das Dorf Ebenfeld, wo die Druckerei stand, lag 8 km entfernt von Loma Plata. Der Gedanke, dass sie ins Zentrum der Kolonie gehöre, wurde unvermeidbar. Es musste in Loma Plata gebaut und eingezogen werden, wolle man mehr Kunden erreichen und sie besser bedienen.
Im Jahre 1992 konnte diese Erkenntnis verwirklicht werden. Die Druckerei von Ebenfeld wurde in ein neues, speziell dazu eingerichtetes Haus in Loma Plata aufgestellt. Zum ersten Mal in der Geschichte der Drucker-Friesens wurde die Druckerei jetzt ein professioneller Arbeitsplatz für die Familien Friesens.
Schnell vermehrte sich der Umsatz. Computer und Software wurden ständig und möglichst auf neuerem und neuestem Stand gehalten. Bald waren mehrere Computer vorhanden, alle in einem Netz verbunden.
Eine dritte Einfarb-Offsetdruckmaschine und eine Falzmaschine konnten aus den USA eingeflogen werden. Das Ziel, mit diesen Pressen farbige Bilder zu drucken, ist erreicht worden. Bis dahin wurde immer nur in einer Farbe oder mit etlichen Zusatzfarben gedruckt. Das heute erreichte Ziel hätte man sich früher nicht mal zu erträumen gewagt!
III. Aktuell
Im Jahre 1996 verkaufte Martin T. Friesen seinen Anteil an seinen Bruder Isbrand T. Friesen, seitdem wurde Isbrand Alleineigentümer dieser Druckerei. Noch war die Druckerei lange nicht komplett ausgerüstet. Verbesserungen und Erneuerungen sind ständig gefragt. Es wurden nach und nach mehr und mehr Maschinen für die Verarbeitung der bedruckten Bogen gekauft.
Die Farbseparierung der Filme für den Vierfarbendruck wurde für lange Zeit noch in Asunción gemacht. Im Jahre 1999 wurde es der Druckerei möglich, einen eigenen kleinen Filmdrucker aus den USA, einen Scanner mit hoher Qualität aus Deutschland, und neue Computer zu kaufen. Somit konnte sie jetzt selbstständig arbeiten, indem sie auch für den Vierfarbdruck keine Sachen mehr nach Asunción zu schicken brauchte.
Für den nächsten Schritt zur Farbdruck-Verbesserung konnte eine gebrauchte Heidelberg GTO Zweifarbdruckmaschine aus Deutschland eingefahren werden. Dagegen wurde eine der anderen alten Pressen verkauft. Das Schneidemesser (aus Argentinien) gab einem besseren aus Deutschland Raum.
Im Jahre 2000 wurde ein Farb-Laserdrucker im Format A3 erworben, um kleinste Auflagen und anspruchsvolle Wünsche schnell in Farbe direkt aus dem Computer anzubieten.
Heute nimmt das Arbeitspersonal immer wieder an spezielle Seminare, Forums und Kurse teil, die zur weiteren Einsicht in Druckereiwissenschaft und Verbesserungen der Qualität wichtig sind. Aus gleichen Motiven werden auch größere Ausstellungen und Messen im Ausland besucht, wobei zusätzlich noch die Möglichkeiten der Maschinenbesichtigung und Aufnahme persönlicher Kontakte mit Berufsleuten dieses Gebietes genutzt werden können.
Heute übernimmt die Druckerei verschiedene Aufträge. Auch ist sie ausgerüstet um Druckaufträge aus der ganzen Welt per Email zu erhalten und zu erledigen. Spezielle Wünsche wie größtformatige Drucke lassen wir für die dazu ausgerüsteten Druckereien des Landes.
Die Druckerei Friesen ist ein Familienbetrieb mit jungen und älteren Arbeitern, unter denen Artisten, Mechaniker, Drucker, Computerfreaks, Sänger, Sportler und Humoristen sind. Alle diese Talente zusammen ergeben einen interessanten Alltag. Jeder in der Druckerei hat einen breiten Arbeitsbereich und macht nicht nur eine Arbeit, sondern mehrere; und das macht stark, flexibel und schnell.
Für das Fundament, welches Martin W. Friesen für uns gelegt hat, können wir heute in besonderer Weise dankbar sein. „Hut ab“ auch vor seinen weittragenden Visionen, die er damals schon hatte, sich eine Druckerpresse zu übernehmen und aus dem wenig Verfügbaren in jener Anfangszeit der Kolonie Menno eine Druckerei zu machen!
Aufgeschrieben von Jacob T. Friesen
- Sohn von Martin W. Friesen
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